Carl Wilhelm Scheele, als Sohn eines Brauereibesitzers und Kaufmanns in Stralsund geboren, begann 1757 im schwedischen Gothenburg eine Apothekerlehrzeit. Nach 1765 wirkte er als Gehilfe in Apotheken in Malmö, Stockholm und Uppsala. In Uppsala machte er die Bekanntschaft einiger Professoren der dortigen Universität, so Carl von Linné (1707–1778) und Thorbjörn (Torbern) Bergman (1735–1784). Mit letzterem entwickelte sich eine für beide Seiten vorteilhafte Zusammenarbeit. Profitierte Scheele von Bergmans fundiertem Wissen und dessen Sinn für Systematik, so erwies er sich als Experimentator dem Professor der Chemie bei weitem überlegen.
1775 ging Scheele nach Köping, wo er ein Jahr später die dortige Apotheke übernehmen konnte. 1777 reiste er nach Stockholm, um vor der Königlichen Akademie, in die er bereits als Apothekengehilfe aufgenommen worden war, seinen Antrittsvortrag zu halten. Zugleich absolvierte er sein Apothekerexamen vor dem Collegium medicum. Danach verließ er Köping nicht mehr und wirkte dort bis zu seinem frühen Tode unermüdlich als pflichtbewusster Apotheker, widmete aber jede freie Minute seinen chemischen Forschungen.
Angeregt durch Anders Jahan Retzius (1742–1821) hatte er seit seiner Malmöer Zeit begonnen, über seine Experimente Tagebuch zu führen. Obwohl bisher nur ein Teil dieser chemischen Aufzeichnungen ediert vorliegt, zeigen diese, dass Scheele wohl einer der begnadetsten chemischen Experimentatoren gewesen ist. So soll er ca. fünfzehn- bis zwanzigtausend chemische Experimente ausgeführt haben.
Scheeles bedeutendste Entdeckung war die des Sauerstoffs, die die Voraussetzung für die Aufstellung einer neuen chemischen Theorie bildete. Im Rahmen seiner Beschäftigung mit Braunstein (MnO2) fand Scheele 1770/71 beim Erhitzen von Braunstein »Vitriolluft«, bei der es sich um Sauerstoff handelte. Das gleiche Gas erhielt er auch bei der Erwärmung von Quecksilberkalk (=oxid). Im Unterschied zu anderen von ihm erzielten Experimentalergebnissen hatte er im Vorfeld einer Publikation über diese Untersuchungen nur sehr zurückhaltend berichtet. Obwohl neben Scheele auch der englische Geistliche Joseph Priestley (1733–1804) als Entdecker des Sauerstoffs genannt werden muss, gilt heute als gesichert, dass Scheele dieses Gas bereits vor Priestley, nämlich zwischen Juni 1771 und Oktober 1772, entdeckte. Die Publikation erfolgte indessen erst 1777. Obwohl Scheele in seiner Schrift ›Chemische Abhandlung von der Luft und dem Feuer‹ ausführlich über die Eigenschaften des Sauerstoffes berichtete, blieb er selbst bis zu seinem Tode der Phlogistontheorie verhaftet.
Große Verdienste als Chemiker erwarb er sich ferner mit der Entdeckung des Glycerols (Glycerins), der Milch- und Harnsäure sowie der Flusssäure. Scheele war außerdem an der Entdeckung einer Reihe weiterer Elemente beteiligt, so an der des Chlors, des Stickstoffs, des Bariums, des Molybdäns und des Wolframs. Er beschäftigte sich außerdem mit der Analyse von Mineralien und anderen in der Natur vorkommenen Stoffen wie Graphit – aus dem er »fixe Luft« (CO2) herstellte – sowie Molybdänglanz und Tungstein, der Calciumwolframat (CaWO4) enthält und später als »Scheelit« bezeichnet wurde. Scheele stellte schließlich eine Reihe anorganischer Verbindungen wie Borsäure, salpetrige Säure, Nitrosylschwefelsäure, Arsensäure, Schwefelwasserstoff und Arsenwasserstoff her. Das von Scheele 1778 erstmalig bereitete Gemisch von basischem und neutralem Kupferarsenit (Cu3(AsO3)2) fand als Farbstoff unter der Bezeichnung »Scheeles Grün« Verwendung.
Mit Recht gilt Scheele noch heute in der Pharmazie- und Chemiegeschichtsschreibung als einer der bedeutendsten Vertreter und als einer der glänzendsten Experimentatoren. Mit der Isolierung der Pflanzensäuren Oxalsäure, Zitronensäure, Äpfelsäure, Schleimsäure und Gallussäure wurde Scheele auch zu einem der Begründer der Phytochemie (H. CASSEBAUM 1982; O. ZEKERT 1934; Ch. FRIEDRICH 1992).